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- Berliner Ensemble
- Großes Haus
Panikherz
by Benjamin von Stuckrad-Barre
The writer as popstar – Benjamin von Stuckrad-Barre was and is the role model of a new type of author, someone who makes conscious decisions about the devices he uses to communicate with the public. Just like in pop music – and authenticity be damned. What happens when one’s own “brand” starts do dominate one’s life is the story told in PANIKHERZ in the form of the ultimate pop novel, the only way to understand Stuckrad-Barre’s autobiography. Here, the unmitigated “I” is not only okay to use – there is truly no way around it. And because Stuckrad-Barre is also a great neurotic, he becomes the merciless reporter of his own unravelling. He watches himself as he is drawn downwards into the spiral of addiction – to the sound of Udo Lindenberg’s songs and their promises: Stay high, keep moving and always be cool.
WORLD PREMIERE
Cast
- Actor
- Nico Holonics
- Bettina Hoppe
- Paul Zichner
- Jonathan Kempf
- Direction
- Oliver Reese
- Scene builder
- Hansjörg Hartung
- Costumes
- Elina Schnizler
- Music
- Jörg Gollasch
- Light
- Ulrich Eh
- Dramaturgy
- Valerie Göhring
- Music
- Lukas Fröhlich, Peer Neumann, Gerhard Schmitt, Tilo Weber, Manuel Zacek
Author / Composer
- Author
- von Benjamin von Stuckrad-Barre
Contents
Es ist schwer zu sagen, wann genau die Party vorbei ist, aber manchmal ist es sogar noch schwerer, den Weg nach Hause zu finden. Benjamin von Stuckrad-Barres Autobiografie Panikherz ist eine im Kern durchaus christliche Erlösungsgeschichte im Gewand eines Popromans. Was gemeinhin als Pop-Literatur bezeichnet wird, ist in erster Linie eine radikal subjektivistische, eine Ich-Literatur. "Nicht persönlich nehmen, wurde mir allseits geraten; allein, wie eigentlich sonst?" Es gibt keinerlei erzählerische Kommentierung, moralisierende Außenperspektive und somit werden traditionelle Vorstellungen von Identitätsfindung, Autonomie und Sinnsuche in Frage gestellt. Und hier fängt das Problem an: Stuckrad-Barre scheitert an dieser entscheidenden Stelle seines Lebensromans. Er bekommt es nicht hin, sein Selbstbild mit der Wirklichkeit kongruent zu machen. Er verfällt der Sünde unserer Zeit: Narzissmus. Also ist es nur konsequent, dass auf der Bühne nicht ein Benjamin von Stuckrad-Barre auftritt, sondern gleich vier. Ein Spiel mit unterschiedlichen Formen von Erinnerung und Selbstbeschreibungen beginnt und stellt die Linearität von Biografie in Frage. Nach und nach wird das Konzept Biografie als Illusion entlarvt. Oliver Reese und das Ensemble haben aus dem gut 500-Seiten-Roman eine Fassung von knapp 40-Seiten destilliert, getragen und weitererzählt von den Songs, die Stuckrad-Barre sein Leben lang begleiteten – vom Prediger des Rock’n’Roll Udo Lindenberg.
Stuckrad-Barre entwickelt eine Essstörung, diese bekämpft er mit Kokain – appetithemmend – und hat schlussendlich auch noch ein Alkoholproblem. In seinen Worten: "Hauptsache, viel." Mischkonsum. Polytox. Aber woher kommt dieser Wunsch nach Entgrenzung, nach Totalität? Trägt das menschliche Leben in sich den Wunsch, sich zu überwinden, die Grenzen zu sprengen? Oder anders: Weshalb eigentlich maßvoll? Und nach wessen Maß? Das Thema des Ich-Verlusts, die Sehnsucht nach Applaus und die anschließende Ich-Findung sind zentral in diesem Soundtrack eines selbstzerstörerischen Lebens. Stuckrad-Barre wird zum Reporter seines eigenen Verfalls und der immer wieder zu scheitern scheinenden Erlösung …
"Ich bin ein totaler Suchtmensch, das sagt sich so leicht. Klingt ja auch toll, so nach Leben-am-Rand, waghalsig, lebensfroh. Aber das ist natürlich ein Missverständnis. Das sagen die Leute, die an einer Bar eine Wasabi-Nuss-Etagere von sich schieben: Oh, nee, Suchtgefahr. Und nächtliches Schokolade essen nennen sie sündigen. Das ist natürlich total rührend, also lassen wir sie weiterreden: Ich hatte immer Angst, dass es mir zu gut gefällt. Jaja, genau."
Valerie Göhring