Trauma – rechte Zukunft / deutsche Geschichte(n)
Vorankündigung
Trauma – rechte Zukunft / deutsche Geschichte(n)
Vorankündigung
28.4. - 15.5.22 Performances, Lesungen, Workshops, Talks
Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten heißt ein Aufsatz von Sigmund Freud. Doch bei Traumata stößt die damit bezeichnete psychoanalytische Strategie an ihre Grenzen. Wie ist eine Detraumatisierung möglich? Das ist zunächst eine psychologische Frage. Kann es auch eine politische sein? Oder eine ästhetische?
Wir müssen erinnern, heißt es. Freud zeigt, dass das Erinnern auch eine Funktion der Wiederholung und des Widerstands gegen das Durcharbeiten und die Heilung sein kann.
Das gilt auch im Feld des Politischen: der Politologe Eike Geisel spricht von der Erinnerung “als höchster Form des Vergessens”. Die deutsche Erinnerungskultur zielt oft eher auf kollektive Wiedergutwerdung als auf Durcharbeitung (Tania Martini in der taz vom 28.2.2022).
Zugespitzt formuliert scheint die allgegenwärtige Berufung auf traumatische Erfahrungen immer öfter vor allem ein Zeichen von Widerstand zu sein, um nicht durcharbeiten zu müssen (Opfer-Täter*innen-Umkehr).
Böse Déjà-vus: wir wiederholen unter den Bedingungen des Widerstands gegen die Durcharbeitung der Erinnerung. Was wäre dann, dagegen, eine gute, d.h. heilende Weise des Erinnerns? Eines ist zumindest klar: es muss ein multidirektionales Erinnern (Michael Rothberg) werden, dass auch andere, vielfältige, verdrängte Stimmen hörbar werden lässt.
Je länger wir uns mit diesen Themen beschäftigen, desto weniger Antworten haben wir und desto mehr Fragen tauchen auf. – Deshalb wollen wir, das Institut für Widerstand im Postfordismus und die Vierte Welt, über drei Wochen mit anderen sprechen, zuhören, fragen, andere Geschichten erzählen, andere Erinnerungen sprechen lassen. Damit ein anderes, neues Wir entstehen kann. Wie hat der alte, weiße Sack Adorno so schön gesagt: “Das zoon politikon ist ein erst Herzustellendes.”
Wir wollen Räume öffnen, um Zeiten zu verbinden, Linien zu ziehen, Fragen zu stellen, und zusammen nach Antworten zu suchen, Gespräche zu ermöglichen und weiterzuführen.
Dazu laden Elisa Müller, Annett Hardegen und Sebastian Eis Künstler-, Aktivist- und Wissenschaftler*innen unterschiedlichster Disziplinen ein, um Strukturen, Ursachen und Wirkungen rechter Bewegungen unter die Lupe zu nehmen und das Umfeld ihres eigenen Kulturschaffens auf rassistische Praktiken zu befragen. Wir untersuchen das Erstarken rechter Bewegungen in Deutschland, indem wir es mit der mangelhaften Aufarbeitung des Faschismus in unserem Land zusammendenken.
Das Programm bringt unter dem Titel Trauma – rechte Zukunft / deutsche Geschichte(n) vielfältige künstlerische und wissenschaftliche Stimmen in einen Austausch miteinander: Film, Lesung, Gespräche, Theorie, Performance, Workshops. Mit ihren jeweiligen Mitteln nähern sich Künstler-, Aktivist- und Wissenschaftler*innen der Bedeutung unbewusster, durch Generationen hindurch wirkender Erbschaften, die Zusammenhänge alter und neuer Geschichte werden gegen- und miteinander gelesen und vermeintlich vergangenes und aktuelles rechtes Denken in diversen Formaten dekonstruiert. Einerseits stehen dabei konkrete künstlerisch bearbeitetete Geschichten der Traumatisierung von Negativ-Betroffenen im Fokus, andererseits wird der Trauma-Begriff als Maßnahme benutzt, um in eine künstlerisch-diskursive Forschung einzusteigen. Und wir fragen danach, wie Kunst Trauma bearbeiten kann und rufen theoretische und aktivistische Ansätze einer Praxis der Detraumatisierung auf.
Mit dabei u.a.: Nathalie Anguezomo Mba Bikoro (Künstler*in), Sylvia Battegay (Kurator*in, 3G: Kunst der dritten Generation), Wolfgang Brauneis (Kunsthistoriker*in und Kurator*in), Alina Brehm (Sozialpsycholog*in), Markus Brunner (Sozialpsycholog*in und Soziolog*in), Wirya Budaghi (Künstler*in und Performer*in), Dirk Cieslak (Regisseur*in), Max Czollek (Historiker*in, Künstler*in und Kurator*in), Tahir Della (Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland Bund e.V.), Leon Kahane (Künstler*in), Julia Köhne (Kulturwissenschaftler*in), Philipp Krüpe (Architekt*in und Kulturtheoretiker*in, Rechte Räume), Mahret Ifeoma Kupka (Kunstwissenschaftler*in und Kurator*in, TALKING OBJECTS), Michael Küppers-Adebisi (Lyriker*in und Multimediakünstler*in, Coalition of Cultural Workers Against the Humboldt Forum), Patrick Lohse (Kameramensch und Produzent*in), Angela Moré (Sozialpsycholog*in und Gruppenanalytiker*in), Julia*n Meding (Künstler*in, Performer*in), Elisa Müller (Künstler*in, Performer*in, Regisseur*in), Massimo Perinelli (Historiker*in), Peter Pogany-Wnendt (Psychotherapeut*in und Psychiater*in), Patrice Poutrus (Historiker*in und Migrationsforscher*in), Isabel Raabe (Publizist*in und Kurator*in, TALKING OBJECTS), Mala Reinhardt (Regisseur*in), Dominik Rigoll (Historiker*in), Pasquale Virgine Rotter (Moderator*in und Berater*in), Alexandra Senfft (Autor*in und Publizist*in), Barış Seyitvan (Künstler*in und Kurator*in), Johannes Spohr (Historiker*in), Benedikt Stoll (Architekt*in, guerilla architects), Katharina Warda (Autor*in und Moderator*in), Christian Weißgerber (Kulturwissenschaftler*in und Philosoph*in), Anna-Lena Werner (Kunsthistoriker*in und Kurator*in)
Genauere Infos zu den einzelnen Verantaltungen zeitnah auf viertewelt.de
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