CINEMA+CONTEXT - VIER BALLADEN FÜR MEINEN VATER - BIHAR (OmU) Cemile Sahin • Kino • anschl. Gespräch
CINEMA+CONTEXT - VIER BALLADEN FÜR MEINEN VATER - BIHAR (OmU) Cemile Sahin • Kino • anschl. Gespräch
BIHAR (kurdisch: FRÜHLING) ist der erste Teil der vierteiligen Spielfilmreihe VIER BALLADEN FÜR MEINEN VATER von Cemile Sahin.
Der Film zeigt das Leben von Familie Bingöl, die durch das GAP-Staudammprojekt aus Nordkurdistan vertrieben wurde. Während der Vater Hasan unter falschem Vorwand vorgeladen wird und in Polizeigewahrsam verschwindet, ist seine Familie Jahre später gezwungen, ins Exil nach Paris zu gehen. Tochter Dicle, vom türkischen Staat kriminalisiert und in Istanbul inhaftiert, kommt schließlich frei, darf aber das Land nicht verlassen. Sie muss von ihrer Mutter Leyla, ihrem Bruder Firat und ihrem Onkel Kazim getrennt leben.
Polizeigewalt als alltäglicher, staatlich gelenkter Terror. Wasser als Kriegswaffe. Zwangsumsiedlung als Machtinstrument autoritärer Regime – die Verstrickung der eigenen Geschichte mit der Geschichte von Ausbeutung und Repression einer ganzen Region wird immer deutlicher, als sich die Familie auf die Suche nach Hasan macht.
Anschließend sprechen die Regisseurin Cemile Sahin, Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Eren Keskin mit den Aktivisten Ercan Ayboğa und Lino Hunger über die Motive des Films: Wasser als Kriegswaffe, das Eindringen der Polizei in den öffentlichen Raum und welche filmischen Mittel der Film verwendet. Das CONTEXT-Gespräch wird moderiert von Raquel Kishori Dukpa.
Panelist*innen
Cemile Sahin ist Autorin, Künstlerin und Filmemacherin. In ihrem Schaffen sind Sprache und Bild nicht voneinander zu trennen – sie arbeitet mit den Medien Film, Fotografie, Skulptur, Installation und schreibt Romane. Dabei interessiert sie besonders, wie Geschichtsschreibung funktioniert und wie Bilder instrumentalisiert werden, um zu manipulieren. Zudem hat sie sich ausführlich mit der Ausübung und Darstellung von (Staats-)Gewalt und Militarismus auseinandergesetzt, unter anderem in ihren Romanen „TAXI” (2019) und „ALLE HUNDE STERBEN” (2020).
Eren Keskin stammt aus Sivas und ist seit 1984 als Rechtsanwältin tätig. Seit 1989 engagiert sie sich in der Menschenrechtsbewegung und ist aktuell Co-Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation IHD (türkisch: İnsan Hakları Derneği). Der IHD ist ein Verein, der sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzt. Eren Keskin ist auch Gründerin eines Büros, das seit 1997 Frauen und Transfrauen, die von staatlichen Kräften sexuell missbraucht oder gefoltert wurden, kostenlosen Rechtsbeistand leistet. Da sie sich seit Jahrzehnten gegen die türkische Regierung und ihre militärischen Praktiken einsetzt, drohen ihr mehrere Jahre Haft.
Ercan Ayboğa engagiert sich seit seinem Studium in Deutschland gegen den Ilisu-Staudamm am Tigris in Nordkurdistan, der nach über 20 Jahre vom türkischen Staat nach mehreren Stopps schließlich fertiggestellt wurde. Dazu gründete er 2005 mit anderen die Initiative zur Rettung von Hasankeyf, als er für eine Zeit in Nordkurdistan lebte. Auch hat er die Ökologiebewegung Mesopotamien, die als eine Dachstruktur für ökologisch orientierte Aktiivist*innen funktioniert, von Anfang an ab 2011 mitaufgebaut und ist ihr internationaler Sprecher. Ercan ist auch Autor von mehreren Artikeln zum Ilisu-Projekt, Wasserfragen und ökologischen Diskussionen.
Lino Hunger ist in linken Hausprojekten in Berlin-Kreuzberg aufgewachsen. Er ist Masterstudent der Philosophie und Stipendiat der Rosa-Luxemburg-Stiftung. In seinem Heimatkiez engagiert er sich in der politischen Jugendarbeit und zuletzt bei den Protesten gegen die neue Polizeiwache am Kottbusser Tor.
CINEMA+CONTEXT wird von Tara Afsah, Lilian Pfeuffer und Raquel Kishori Dukpa kuratiert. Im Fokus stehen dabei Filme und deren Kontextualisierung aus dekolonialer und intersektional feministischer Perspektive.
Tara Afsah wurde 1990 in Berlin-Kreuzberg geboren. Sie studierte an der Universität der Künste mit den Studienschwerpunkten Medientheorie, Film und audiovisuelle Kommunikation. Sie arbeitet als Filmemacherin, ist Teil der Stoffentwicklungsabteilung bei Komplizen Film und macht Live-Kamera und Video bei Theaterproduktionen, u.a. am Ballhaus Ost, Kosmos Theater in Wien, Festspiele am Plötzensee und am Schauspielhaus Graz. Im März 2020 gründete sie gemeinsam mit Lilian Pfeuffer die Veranstaltungsreihe CINEMA+CONTEXT, welche regelmäßig an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz stattfindet. Seit September 2020 arbeitet Tara bei Komplizen Film in der Stoffentwicklung für Kino und Serien.
Lilian Pfeuffer ist 1989 in Berlin geboren. Sie hat freiberuflich für verschiedene Filmproduktions- und Verleihfirmen sowie für den Verein „Pro Quote Film” gearbeitet. Festivalerfahrung sammelte sie bei der Berlinale sowie beim Max Ophüls Preis, wo sie 2017 und 2018 das Koproduktionstreffen des Filmfestivals leitete und im Rahmen des Branchenprogramms MOP-Industry themenbezogene Panels kuratierte. Anfang 2020 gründete sie gemeinsam mit Tara Afsah die Veranstaltungsreihe CINEMA+CONTEXT. Lilian arbeitet außerdem seit 2019 in Teilzeit für die Filmpresseagentur Agentur Media Office, zudem macht sie freiberuflich Zielgruppenarbeit für Kinofilme (bspw. FUTUR DREI) zur Kinoauswertung.
Raquel Kishori Dukpa wuchs in Berlin-Kreuzberg auf. Sie studierte in Hildesheim mit den Studienschwerpunkten Film, queerfeministische Theorie und Populäre Kultur. Seit 2016 ist sie Teil von JÜNGLINGE und wirkte als Casting Director, in der Produktion, sowie in der Recherche des gemeinsamen Debütfilms Futur Drei mit. Sie ist Herausgeberin des Katalogs I See You – Gedanken zum Film Futur Drei (erschienen bei edition assemblage) und war Autorin der sechsten Staffel der Jugendserie Druck (ZDF/ funk). Ausgehend von Nancy Wang Yuens Überlegungen zu Typecasting, beschäftigt sie sich mit Strukturen, die Typecasting evozieren.
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