Chicago
Ein Musical–Vaudeville [1975]
Chicago
Ein Musical–Vaudeville [1975]
Unterhaltsam ohne jeden Skrupel und mörderisch glamourös! Inszeniert als unwiderstehlichen Sog hinein in das verruchte Chicago der 1920er Jahre entführt der Musicalklassiker Chicago ins trubelige Tagwerk egomanisch getriebener Staranwälte und eiskalter Möchtegern-Celebrities, die für ein bisschen Gesehenwerden auch mal über Leichen gehen. Mehr als 6500 leuchtende Glühbirnen, funkelnde Kostüme und Choreografien mit Strahlkraft machen Barrie Koskys Inszenierung zu einer Hommage an das Showbiz und das Vaudeville. Das Broadway-Musical über zwei todschicke, unschlagbar schlaue und berechnende Frauen entfaltet so all seine künstlerischen Qualitäten in der originalen, orchestral großformatigen Ur-Fassung von 1975.
Verantwortlich für die perfekte Illusion Chicagos um 1924 sind Katharine Mehrling und Ruth Brauer-Kvam – im Wechsel mit Maria-Danaé Bansen – als unschlagbares Showgirl-Duo Roxie Hart und Velma Kelly. Die beiden besten Feindinnen forever wissen, was es braucht zum echten Star. Künstlerische Exzellenz allein garantiert auf jeden Fall noch keinen Ruhm. Publicity ist alles! Um im Rampenlicht zu stehen und zu bleiben, würden sie über Leichen gehen. Würden? Roxie landet nach dem Mord an ihrem betrügerischen Lover im Gefängnis, wo Velma, die ihre Schwester mit ihrem Liebsten in flagranti erwischt hat, bereits einsitzt. Und was sorgt schon für saftigere Schlagzeilen als ein dramatischer Gerichtsprozess, so wunderbar tränenreich manipuliert von Jörn-Felix Alt als gerissener, mit Größenwahn zum Erfolg getragener Staranwalt Billy Flynn? Als Roxie ihn mit ihrem fein gewobenen Lügennetz gewinnt, stiehlt ihr allerdings schon die nächste Skandalnudel die Show. Die beiden Erzfeindinnen wissen, jetzt heißt es: Zusammenhalten!. Denn gleich zwei eiskalte Feger wie sie zusammen auf der Bühne – das hat selbst Chicago noch nicht erlebt ...
Die Geschichte der beiden Killer-Ladies Roxie und Velma ist True-Crime im Musicalformat: Anfang der 1920er Jahre standen die Tingeltangel-Sängerinnen Belva Garner und Beulah Annan in Chicago vor Gericht. Im Prozess um die Morde an ihren Ehegatten wurden sie wider Erwarten freigesprochen. Ruhm erhielten die »Jazz-Schlächterinnen« aber erst mit Hilfe der Gerichtsreporterin Maurine Dallas Watkins. Sie war es, die das gekonnte Spiel der beiden Künstlerinnen mit öffentlicher Aufmerksamkeit und stereotypen Frauenbildern als Theaterstück 1926 auf die Bühne brachte. Ihr Ziel: dem Glauben an deren Unschuld etwas entgegenzusetzen. Aber auch ein Stummfilm über den Prozess, der kurz darauf über die Leinwände flimmerte, konnte an der öffentlichen Unschuldsüberzeugung nichts mehr ändern. Ohne diese Vorarbeit wäre das Musical Chicago wahrscheinlich nicht denkbar, vielleicht auch nicht sein Erfolg: Bis heute ist das 1975 uraufgeführte Stück eines der erfolgreichsten Broadway-Musicals aller Zeiten.
Übrigens
Chicago wird zum letzten Mal an der Komischen Oper Berlin gespielt. Wer diese strahlende Show nicht verpassen will, sollte sich schnell um Karten kümmern.
Dauer
2h 55min inklusive Pause
Web
Stab
Besetzung
Bob Fosse / John Kander / Fred Ebb
Ein Musical–Vaudeville [1975]
Buch von Fred Ebb und Bob Fosse
Musik von John Kander
Songtexte von Fred Ebb (nach dem Stück Chicago von Maurine Dallas Watkins)
Deutsch von Erika Gesell und Helmut Baumann
Komische Oper Berlin
Spielstätte:
Schillertheater - Großer Saal
Bismarckstraße 110
10625 Berlin
Tickets an der Theaterkasse
12 - 94 €
Empfohlen ab Klasse 7